Louise
August 1975
Das Bett ist leer. Die Betreuerin Louise - dreiundzwanzig, kurze Beine, raue Stimme, heiteres Gemüt - steht barfuß auf den warmen, rauen Bodenbrettern der Hütte, die den Namen *Haus Balsam* trägt, und stellt fest, daß die untere Etage des Stockbetts neben der Tür leer ist. Später wird sie die zehn Sekunden, die zwischen dieser Wahrnehmung und ihrer daraus resultierenden Schlußfolgerung liegen, als Beweis dafür werten, daß Zeit ein menschliches Kontrukt ist und je nach Gefühlslage - sprich: Chemikalien im Blut - entweder schneller oder langsamer vergeht.
Das Bett ist leer.
Die einzige Taschenlampe in der Hütte, deren Fehlen auch bei Tag anzeigt, daß eines von dem Mädchen zum Toilettenhaus gegangen ist, liegt an ihrem angestammten Platz auf einem Bord neben der Tür.
Louise dreht sich langsam um die eigene Achse und ruft sich die Namen der Mädchen, die sie sieht, ins Gedächtnis.
Melissa. Melissa. Jennifer. Michelle. Amy. Caroline. Tracy. Kim. Acht Ferienkinder. Neun Betten. Sie zählt, und dann zählt sie noch einmal.
Schließlich, als sie es nicht mehr verhindern kann, läßt sie es zu, daß sich ein weiterer Name den Weg an die Oberfläche ihres Bewusstseins bahnt: Barbara.
Das leere Bett ist von Barbara.
Sie schließt die Augen und stellt sich vor, daß sie für den Rest ihres Lebens immer wieder an diesen Ort und an diesen Moment zurückdenken wird: eine einsame Zeitreisende, ein Geist, der im Haus Balsam herumspukt und sich wünscht, daß Barbara durch die Tür kommt. Sagt, sie sei nur zur Toilette gegangen und habe vergessen, daß man dazu immer die Taschenlampe mitnehmen soll. Daß sie sich auf so entwaffnende Art und Weise entschuldigt, wie sie es öfter tut. Aber Louise weiß genau, daß Barbara nichts von alldem tun wird. Aus Gründen, die sie nicht genau benennen kann, spürt sie, daß Barbara fort ist. Verschwunden.
Ausgerechnet Barbara, denkt Louise. Von allen Ferienkindern, die verschwinden können.......
Von Anfang an ist es schwer, diesen langen Roman aus der Hand zu legen. Ab Seite 200 - unmöglich. Schreibt Stephen King. Und dem kann ich mich nur anschließen! Spannend, fesselnd & faszinierend ist dieser 588 Seiten lange Schmöker. Ich hätte noch lange weiterlesen können. Eine große Empfehlung - nicht nur - von mir :)
LIZ MOORE - eine Schriftstellerin, die man sich merken sollte. Ich habe mir schon ihr zweites Buch - was eigentlich das erste ist - in unserer Bücherei vorbestellt. Ein dickes DANKESCHÖN geht wieder einmal an unsere Büchereifrauen Margit & Karin, die so ein begabtes Händchen für die Bücherauswahl haben 💚